Kaltakquise: Tipps & Tricks fürs Telefonieren
- vhuebsch
- 20. Mai 2020
- 4 Min. Lesezeit
Telefonische Kaltakquise ist bäh. Unseriös. Nervig. Uncool. Unmodern. Und überhaupt: KOMPLETT VERBOTEN!
Äh, nein. Keines davon.

Was die ersten fünf Punkte angeht, habe ich u. a. hier ja bereits teilweise meine Meinung mitgeteilt. Dazu kommt, dass mir persönlich das telefonieren sogar Spaß macht. Klar: es gibt mal bessere Tage und auch mal gebrauchte, aber unterm Strich mache ich das sehr gerne, sehe es sogar unter Wettbewerbs-Gesichtspunkten nach dem Motto "Dich krieg ich auch noch!" (natürlich immer respektvoll und freundlich).
Was den letzten Punkt angeht, gibt es Einschränkungen. Und die sind auch gut und richtig so. Paragraf 7 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) begrenzt Maßnahmen wie folgt: „Eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht.“
Im Umkehrschluss bedeutet dies: solange ich davon ausgehen kann, dass die von mir angebotenen Dienstleistungen für den Angerufenen von Interesse sein könnten (und wer kann bitteschön keinen *räusper* Spitzenvertriebler als Support gebrauchen?!) oder mir mein Gesprächspartner nicht ausdrücklich mitteilt, dass ich ihn nicht mehr anrufen/anschreiben oder sonst wie kontaktieren darf, ist der Erstkontakt per Telefon nicht verboten!
Der Gesetzgeber wollte hier mitnichten jede Kontaktaufnahme zum Zweck der Geschäftsanbahnung kriminalisieren, sondern lediglich die Spreu vom Weizen trennen. Bedeutet konkret: wenn ich mich und meine Dienstleistung kurz vorstelle und nach einem persönlichen Termin frage, um alles ein wenig näher zu erläutern können, ist das nicht per se kriminell. Wenn die Callcenter-Jungs aus der Türkei oder sonst woher anrufen, um IT'ler mit windigen Warentermingeschäften abzuzocken, schon. Und zwar völlig zu Recht.
Ok, dürfte geklärt sein. Kommen wir nun zum "wie":
Regel #1: Es geht beim Ersttelefonat nicht bereits darum, seine Dienstleistung/ sein Produkt direkt zu verkaufen! Ziel einer Kaltakquise am Telefon muss es immer "nur" sein, nach einem einführenden Telefonat mit einem potentiellen Kunden einen Termin zu bekommen, um das eigene Produkt oder die Dienstleistung persönlich vorzustellen.
Wie immer im Leben gibt es auch hier einen Haken: das ist oft nicht so einfach, wie es sich zuerst anhört. Konkret wird es eher selten passieren, dass Euer Gegenüber ins Telefon schreit "Endlich! Endlich rufen Sie an! Seit drei Jahren sitze ich hier und warte nur darauf! Wo waren Sie denn die ganze Zeit! Kommen Sie sofort morgen vorbei und bringen Sie den Vertrag mit!" Nein. Das passiert nicht. Das ist ein Mythos.
Deshalb kann es immer darum gehen, die Erfolgsquote zu erhöhen.
Lasst euch in der Zentrale den richtigen Ansprechpartner nennen. Habt keine Angst, etwas konkreter zu werden, und zu erklären, worum es geht. Letzten Endes gibt es Firmen, die stellen durch und andere wünschen das nicht. Das ist auch deren gutes Recht und wir haben das zu respektieren!
Vergewissert euch zunächst bei dem Ansprechpartner, dass er der Richtige für Ihr Anliegen ist. Nicht jedes IT-Thema wird bspw. auch in der IT entschieden!
Haltet euch nicht mit langen Vorreden auf. Kommt direkt zur Sache. Details könnt ihr euch für ein persönliches Gespräch aufheben. (wenn ich frage: "Herr XY, ihre Zeit ist kostbar - ist es ok, wenn ich direkt zur Sache komme?" habe ich noch nie erlebt, dass jemand geantwortet hätte: "um ehrlich zu sein - nein. Ich würde eigentlich gerne noch mit Ihnen ein paar Minuten völlig unverbindliches Zeug austauschen, dass keinen von uns wirklich interessiert. Zumal ich ja gar keine Ahnung habe, wer Sie sind und was Sie überhaupt wollen!")
Überlegt euch, wie ihr in einem Satz das Interesse eures Gesprächspartners wecken können. Versucht ein wenig das Eis zu lockern, gerne auch mal unkonventionell. Macht euch generell Notizen, erstellt euch einen kleinen "Leitfaden", an dem ihr euch orientieren könnt (Betonung liegt auf "orientieren", nicht monoton Wort für Wort ableiern). Überlegt euch vorab mögliche Einwände/ Fragen.
Nicht zulabern! Lasst Bitte, Bitte, Bitte Raum für Fragen des Gesprächspartners und stellt selbst Fragen, die euer Gesprächspartner nicht nur mit "Ja" oder "Nein" beantworten kann. Ihr seid nicht bei "Was bin ich"!
Überrumpelt euren Gesprächspartner nicht. Vereinbart nur dann einen Besuchstermin, wenn der Ansprechpartner Interesse signalisiert.
Bietet einen Zeitraum für ein persönliches Gespräch an und richtet euch dann nach dem Zeitplan des Gesprächspartners. Fragt nach, wer sonst noch an dem Gespräch teilnehmen wird. Lasst euch Namen und Funktionen nennen. Bestätigt den Termin schriftlich per E-Mail.
Wenn's mal ganz mies läuft: aufhören. Abhaken. Tschau. Es gibt solche Tage, die kennen auch die Terminierungsweltmeister: man hat schlecht geschlafen, es ist Vollmond oder sonst irgendwas. Auf jeden Fall geht einfach nichts, man ist unsouverän, gereizt, unkonzentriert und erzählt dummes Zeug. Dann besser das Telefon Telefon sein lassen, sich lieber auf andere Dinge konzentrieren und am nächsten Tag frisch weiter machen.
Und zu guter Letzt: üben, üben, üben. Aber bitte nicht mit Freunden oder der Familie. Tatsächlich bekommt ihr belastbares Feedback nur direkt bei eurer Zielgruppe. Nur anhand deren Reaktionen könnt ihr sehen, ob und wie die eine oder andere Formulierung funktioniert.
Setzt euch auch nicht zu sehr unter Druck: mindestens die ersten 10 bis 20 Gespräche sind von vorne herein für die Tonne. Obwohl - eigentlich nicht, denn mit denen sammelt ihr eure Erfahrungen und werdet immer sicherer. Ich hatte schon Projekte, da musste ich bloß 5 Gespräche führen, bei anderen waren es 30, bis ich genau verstanden hatte, was jeweils den Unterschied macht. Aber erwartet auf jeden Fall nicht aus den ersten 5 Telefonaten direkt 4 Termine. Wenn es passiert, schön, wenn nicht, auch gut.
Ihr seid ja noch am Anfang auf eurem Weg zum Super-Terminierer. :)
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